Vom Angsthasen zum stolzen Schulkind

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Unsere Große hüpft neuerdings fröhlich auf den Schulhof. Eine ganz erstaunliche Entwicklung, wenn man bedenkt, mit was für einem schlotternden, in Tränen aufgelösten Elend wir gestartet sind. Was ihr (vermutlich) geholfen hat.

Unsere große Kultur-Maus (sie liebt Kirchen, Museen und Co.) mit ihrem persönlichen Antrieb, in die Schule zu gehen.

Gestern hatte ich Elterngespräch mit Johannas Klassenlehrerin. Das fasse ich hier mal eben zusammen: Unglaubliche Entwicklung. Super fröhlich, top aufmerksam, kein Anzeichen von Verweigerung mehr, keine Tränen. Voll angekommen im Klassenverband. Fühlt sich offensichtlich wohl. Fleißig. Tolles Kind. Puh! Das ging runter wie Öl. Ich muss hier wahrscheinlich niemandem erklären, wie erleichtert ich war. Die Lehrerin meinte, dass der Wegfall des Hortes die große Veränderung brachte. Vorher wurde es zwar auch in minikleinen Schrittchen besser aber seit sie nicht mehr in den Hort geht und auch weiß, dass sie dort nicht mehr aufschlagen wird, ist eine große Last von ihren Schultern gefallen.

Das merke ich natürlich auch. Seit sie nur noch Schule hat, ist Johanna wirklich glücklicher geworden. Die Situation vorher hat uns alle fertig gemacht. Sie hat schon am Vorabend vor der Schule im Bett geweint und meinte, dass sie weder in die Schule noch in den Hort will. Was ihr Problem war, konnte sie konkret nicht benennen. Mal hatte sie Angst vor Mitschülern, Angst vorm Versagen (ihr O-Ton, wir sprechen niemals von Versagen), davor nicht gemocht zu werden, Angst vorm Bus. Angst, Angst, Angst. Und wir haben wirklich viel versucht, um ihr eben diese Angst zu nehmen.

In Johannas Schultüte steckte ein großes Sorgenfresserchen. Das benutzt sie allerdings erst jetzt, wo es sich wirklich nur noch um kleinere Sorgen handelt. Sie hat dem Tierchen offenbar nicht zugetraut, mit der alles überwältigenden Blockade in ihrem Kopf, die die Kombination aus Schule und Hort verursacht hat, klar zu kommen. Also hat sie gar nicht erst versucht, es damit zu füttern. Geholfen hat ein Buch, mit dem wir eine Zeit lang ins Bett gegangen sind. Es heißt „Huch, die Angst ist da“. Ein Mitmach-Buch für Kinder, das mit Übungen und Erklärungen versucht, den Kindern die Angst zu nehmen. Zum Beispiel in dem erklärt wird, warum wir eigentlich Angst haben. Dass jeder Mensch, egal welchen Alters, bestimmte Ängste hat und dass die im Grunde genommen ja auch etwas Gutes sind. Weil sie uns warnen, zum Beispiel.

Und um ihr noch den letzten Schub Motivation mitzugeben, haben wir noch was ganz Unpädagogisches gemacht. Es gab eine Belohnungstafel. 40 Aufkleber hat sie gebraucht, um sie zu füllen. 40 Mal ohne großes Drama auf den Schulhof gehen. Es fiel ihr schwer. Sie hat mit den Tränen gekämpft. Aber sie wollte ihre Tafel vollkriegen. Denn am Ende winkte eine große Belohnung. Sie wollte unbedingt eine singende Rapunzel. Ein großes Geschenk, das außerhalb von Geburtstag und Weihnachten nicht denkbar wäre. Solche Art der Belohnung mag ich eigentlich nicht. Simon eigentlich auch nicht aber er wusste sich auch nicht mehr zu helfen und hat es deshalb als letzte Maßnahme vorgeschlagen.

Was am Ende aber wirklich geholfen hat, war meiner Meinung nach wirklich nur, der Wegfall des Hortes. Obwohl ich mit den Erziehern dort unglaublich glücklich war, war der Hort die einzige Stellschraube, an der wir noch drehen konnten. Schule ist nun mal nicht verhandelbar. Der Hort war es schon. Jetzt fahre ich den ganzen Tag durch die Gegend, um irgendwelche Kinder wahlweise abzugeben oder abzuholen. Morgens um 7.45 Uhr Kind eins in die Schule, im Anschluss Kind zwei und drei in die andere Richtung zur Kita. Mittags gleich wieder los zur Schule und zurück, zwischen zwei und drei dann zur Kita und im Anschluss noch auf einen Spielplatz, eine Kleinigkeit einkaufen oder weiß der Geier. Zum Sport komme ich seit Wochen nicht mehr. Nur an den Wochenenden. Das will ich wieder ändern. Am besten fange ich mal an, Umzugskisten zu packen. Das drängt nämlich auch immer mehr. Und die zu schleppen ist ja irgendwie auch Sport.

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