Silvester verpennt

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Das neue Jahr ist angebrochen. Und mit ihm auch die Erkenntnis. Uns lädt zu Silvester keiner mehr ein. Zumindest nicht mehr unsere Nachbarn.

Da unsere Silvester-Sause bildtechnisch echt nix hergibt, hab ich mal das Foto her genommen. Das war einen Tag vorm Jahreswechsel. Das zählt auch irgendwie. Innerhalb einer Woche vom Surfen am Pazifik zum Rodeln ins Allgäu. Schönes Leben!

Ha! Das klingt spannend, was? Da fragt man sich doch, was zum Teufel da passiert sein kann. Die Antwort darauf ist enttäuschend. Es ist absolut NICHTS passiert. Aber genau das ist auch das Problem an der Geschichte.

Unsere Nachbarn, die auch sehr gute Freunde sind, haben uns zu Silvester wieder eingeladen. Auf Raclette und gemütliches Beisammensein. Sie sind seit September auch zu viert. Also waren wir zwei mal gleichzeitig schwanger. Unsere Zweitgeborenen sind fünf Monate auseinander. Die Erstgeborenen nur einen. Das ist schonmal praktisch. Ein weiteres Paar mit dreijährigen Zwillingen (und schwanger) waren ebenfalls mit von der Partie. Macht sechs Erwachsene und sechs geborene Kinder.

Weil mein Mann das hobbymäßig macht, ist er zuständig fürs Cocktail mixen. Überwiegend alkoholfrei aber trotzdem lecker. Ich hab mich am Vortag mit den Getränken abgeschleppt, so hatte er kaum Aufwand. Weil er am Nachmittag noch pennt, schleife ich unsere Hochstühle in die Nachbarwohnung unter uns. Außerdem die Getränke und weitere Cocktailzutaten. Um sechs startet das Raclette. Um acht wird unsere Große müde und mein Mann bringt sie ins Bett. Eine halbe Stunde später folge ich mit unserer Kleinen und finde den Rest der Familie schlafend vor. Ich lege das Baby hin und versuche, den Mann wieder wach zu bekommen. Keine Chance. Er grunzt Unverständliches. Ich dechiffriere aber, dass Silvester für ihn erledigt ist. Der Jetlag hängt ihm noch nach. Na bravo.

Ich gehe zu den Nachbarn und bin allein unter Paaren. Anzahl der gemixten Cocktails: Null. Anzahl der Küsse um Mitternacht: Null. Außerdem kein kleiner Rückblick auf unser Jahr. Und das ist wirklich traurig. Denn das letzte Jahr war heftig. Eine schwere Schwangerschaft, ein Baby, OP, Reha, Australien. Da hätt ich mir ein bisschen mentale Zweisamkeit gewünscht. Denn das haben wir gemeinsam bewältigt. Als Paar. Letztes Jahr haben wir uns geschworen, in guten und in schlechten Zeiten füreinander da zu sein. Und genau das haben wir im letzten Jahr gemacht. Das ist doch irgendwie schön. Und romantisch. Aber gut.

Die Gastgeber sind auch enttäuscht. Sagen sie auch offen. Vor allem, als dann Paar Nummer zwei sich um 23 Uhr verabschiedet, weil die Zwillinge komplett durch sind. Es gibt in der Wohnung keine Möglichkeit, sie hin zu legen und Mitternacht schaffen sie nicht mehr. Also machen sie sich auf den Heimweg. Somit bleibe ich auch nicht länger. Ich schleife die Hochstühle wieder nach oben, schminke mich ab und gehe ins Bett. Ich schlafe kurz vor dem Jahreswechsel ein. Das ist mir das letzte Mal mit zehn Jahren passiert.

Am nächsten Tag eröffnet mir meine Nachbarin, dass das die letzte Silvester-Party war. Sie wird keine mehr ausrichten und niemanden mehr einladen. Ich verstehe sie. Mal schauen, was wir nächstes Jahr machen. Aber bis dahin haben wir ja noch Zeit.

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