Höher, schneller, weiter: Sind jüngere Geschwister wirklich immer schneller in ihrer Entwicklung?

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Er meckert. Der Hintern hoch in der Luft. Er motzt noch mehr. Der Oberkörper ist weit oben auf lang ausgestreckten Armen aufgestützt. Noch ein bisschen mehr Gezeter und mein fünf Monate altes Baby ist im Vierfüßler – Krabbelt der jetzt los, oder was?

Irgendein Körperteil ragt immer nach oben. Der Hintern, der Oberkörper und für eine Millisekunde auch schon beides gleichzeitig!

Hört man schon in der Schwangerschaft von Folgekindern immer wieder: Die Zweiten (dritten, vierten, wurscht) sind fix unterwegs in Sachen Motorik. Robben, Krabbeln, Laufen – die eifern ihren älteren Geschwistern nach und deshalb sind das alles so kleine Blitzstarter. Aber stimmt das wirklich?

Unsere Große ist mit sechs Monaten erst gerobbt und danach direkt auch gekrabbelt. Mit sieben Monaten hat sie angefangen, sich an Möbeln (oder Beinen) hoch zu ziehen und dort entlang zu wackeln. Irgendwo dazwischen kam das freie Sitzen. Vom Kinderarzt bis zur PEKiP-Leitung haben alle gesagt, dass sie unter Garantie unter einem Jahr frei läuft. Tat sie nicht. Ihre ersten wackligen Schritte auf klapperdünnen Storchenbeinchen tat sie mit 13 Monaten. Mein Mann machte gerade Eingewöhnung in der Kita und ich war zurück im Büro. Da schickte er mir ein Video von Mausis ersten Schritten. Ich war fassungslos. Wie konnte sie nur? Da habe ich ein Jahr lang Tag und Nacht Alles gegeben und dieser unfassbare Meilenstein, den hebt sie für den Papa auf? Daraufhin bin ich erstmal aufs Klo verschwunden und musste mir kaltes Wasser ins Gesicht schaufeln. Das war hart. Ich habe ihre ersten Schritte verpasst. Das vergesse ich nie.

Bei Nummer zwei hatte ich anderthalb Jahre Elternzeit. Dieses Mal werde ich die ersten Schritte GARANTIERT erleben! Da war ich mir sicher. Und als Geschwisterkind wird unser Paulinchen ja wohl unter einem Jahr laufen?! Schließlich hat sie sich schon mit zehn Wochen vom Rücken auf den Bauch und zurück gedreht. Doch besagtes Töchterlein spannte mich extrem auf die Folter. Sitzen und Krabbeln ganz durschnittlich mit 7,5 Monaten. Und laufen? 15 Monate lang nichts. Kein einziger Versuch, einen Fuß frei vor den anderen zu setzen. Auch Stehen oder an Möbeln lang laufen, machte sie kaum. Pauline hatte schließlich ihren Kniegang. Sie konnte alles auf Knien. Laufen, Tanzen, Hüpfen. Sah super lustig aus aber ich hab natürlich trotzdem immer ganz genau geschaut, ob sie nicht doch mal Anzeichen zeigt, jetzt richtig loslaufen zu wollen. Tat sie nicht. Und sowas wie einen ersten Schritt gab es gar nicht richtig. Stattdessen stand sie mit guten 15 Monaten einfach auf und lief Kreise durchs Kinderzimmer. Einen nach dem anderen, ohne abzusetzen. Und wie sie dabei lachte! Es war einfach großartig. Als hätte sie die Technik einfach durch intensives Abschauen verinnerlicht und dann – als sie beschloss, bereit zu sein – einfach umgesetzt. Das war im Endeffekt eigentlich praktischer.

Während Johanna nämlich in ihrem Überflieger-Tempo immer mal wieder auch böse fiel, sich irgendwo anstieß oder verschätzte, war Pauline zwar in allem später dran aber dafür von Anfang an sicher, in dem was sie tat. So. Und jetzt kommt Alex.

Kind Nummer drei MUSSTE sich mit acht Wochen bereits drehen, weil er so unbedingt wissen wollte, was seine Schwestern hinter ihm anstellten. Seit Monat vier tüftelt er am Krabbeln. Inzwischen schiebt er sich rückwärts und zirkelt um 360 Grad herum – wie eine Kompassnadel. Das ist aber nicht, die von ihm angepeilte Richtung. Also MOTZT er, was das Zeug hält. Und jetzt weiß ich gar nicht, was ich eigentlich besser finde. Ein zufriedenes Baby, dass richtig vorwärts kommt und mich in Atem hält, weil ich potenzielle Gefahren eliminieren muss oder ein Motz-Baby, dass nicht (schnell genug) vom Fleck kommt. Ist ja aber auch egal, was ich will. Der kleine Mann entscheidet eh selbst, wie es weiter geht. Wir sind gespannt.

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