Er hat blaue Augen! – Die (lange) Geburt unseres dritten Kindes

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Hurra, er ist da. Aller guten Dinge sind drei. Unser kleiner Stammhalter ist geboren und hier kommt der ausführliche Geburtsbericht. Eins gleich vorab: Es stimmt, was die Hebammen sagen. Die Dritten machen wirklich, was sie wollen.

Die erste Begegnung der großen Schwester mit dem neuen Familienmitglied war magisch. Beide Mädels sind völlig verzückt von ihrem kleinen Bruder. Bei Pauline kommt allerdings schon die Eifersucht auf. Doch dazu beim nächsten Mal mehr.

Seit Neujahr hatte ich immer wieder mal Wehen. Vorzugsweise nachts. In der Nacht von Montag auf Dienstag wurde ich allerdings um Punkt Mitternacht von einer Wehe geweckt, über die ich direkt dachte: „Oha, DAS ist eine Eröffnungswehe!“ Zuerst habe ich versucht, das zu ignorieren und einfach weiter zu schlafen. Da diese Wehen allerdings direkt alle zehn Minuten kamen und ich dann doch aufgeregt war, konnte ich nicht mehr schlafen und bin auf die Couch gewechselt. Gegen drei Uhr wurden die Abstände plötzlich größer und irgendwann in den Morgenstunden bin ich dann doch noch eingeschlafen. Na klasse. Aber gut. Ich wollte auch ungern Mitten in der Nacht starten. Wegen den Mädels. Ich wollte nicht, dass sie wach werden und Mama und Papa sind weg. Dann lieber entspannt in den Kindergarten bringen und irgendwann danach los.

Unser Baby hatte allerdings andere Pläne. Die Wehenabstände wurden immer mal wieder kürzer, bis auf alle fünf Minuten, nur um sich dann wieder zu verlängern auf alle zehn Minuten. Als würde der Kleine jedes Mal Anlauf nehmen, es sich dann aber doch anders überlegen. Krisengespräch mit meinem Mann. Wir beschlossen, dass er lieber nicht in die Arbeit fährt und wir doch seine Mutter anrufen, damit sie zwecks Kinderbetreuung vorbei kommt. Da war es acht Uhr morgens. Simon entschied dann, die Kinder direkt daheim zu lassen weil ist ja alles aufregend und seine Mutter kommt ja eh gleich und besonderer Tag und so weiter. Na gut. Sie kam dann gegen halb eins. Ich hab noch für alle Mittagessen gekocht und war mittlerweile ziemlich genervt. Mir war der Trubel daheim zu viel, ich war super müde wegen der vorangegangenen schlaflosen Nächte und nebenbei bemerkt ist es auch einfach scheiße anstrengend, wenn man seit Stunden Schmerzen hat.

Ich hab schon gemerkt, dass all das nicht ausreicht, um den Kleinen wirklich raus zu schmeißen aber trotzdem war ich mir sicher, dass das alles der Startschuss zur Geburt ist. In der Früh hab ich den Schleimpfropf verloren, musste immer wieder aufs Klo und all so Kleinigkeiten. Und gegen 14 Uhr gingen mir Schwiegermutter und Kinder so auf den Kranz, dass wir in Richtung Klinik aufgebrochen sind. Ganz gemütlich und bei herrlichstem Sonnenschein draußen. All meine Kinder kamen an wunderbar sonnigen Tagen auf die Welt. Im Sommer, im Frühling und sie wie es aussah, jetzt auch im Winter. Das wertete ich als Zeichen aber ich WOLLTE auch Zeichen sehen. UND ich hatte o gar keinen Bock, unverrichteter Dinge wieder nach Hause geschickt zu werden. Erst recht nicht, nachdem meine Große mich mit den Worten „Tschüss Babybauch!“ verabschiedete.

Mit der U-Bahn ging es in die Innenstadt. Heiße Schokolade unterwegs geholt und ab in den Kreißsaal. Da wurde meine Vermutung dann direkt von der Hebamme (sie heißt Magdalena und war schon bei meiner Anmeldung im letzten Monat da, das hat mich gefreut) bestätigt. Muttermund drei Zentimeter auf, Gebärmutterhals steht noch auf anderthalb Zentimeter. Ja, die Geburt ist im Gang, dauert aber sicher noch einige Stunden. Sie tippt drauf, dass es in der Nacht richtig los geht. Das deckte sich mit meinem Gefühl und in dem Moment merkte ich auch einfach, wie erschöpft ich bin. Wenn sich innerhalb der nächsten Stunde nicht viel tut, müsste ich verlegt werden. Sie hätten in der Klinik nämlich full House und die nächsten Mädels hätten sich schon angekündigt. Magdalena bot mir an, eine Eipollösung zu versuchen. Wollte ich versuchen. Es gab ja nix zu verlieren. Ich wollte die Geburt zwar möglichst ohne Schmerzmittel und irgendwelche Intervention über die Bühne bringen, war mir in dem Moment aber auch wurscht. Es war schmerzhaft aber weniger schlimm als befürchtet. Danach schickte sie uns eine Stunde um den Block. Dann sollten wir uns wieder vorstellen und wir würden weiter sehen. Ich wollte gerne ums Klinikum rennen, um diesem Kind Beine zu machen. Mein Mann war allerdings am Verhungern und aus Erfahrung weiß ich, dass er mir hungrig keine Hilfe sein wird. Also führte uns unser erster Weg erstmal zum Asiaten. Ich hab mir was extra scharfes bestellt. Soll ja auch Wehen anregen. Von daher… Während mein Mann aufs Essen wartete, joggte ich eine Runde ums Eck. Okay, Joggen ist übertrieben. Aber für die große Kugel war ich schnell wie der Blitz! Simon rief an um Bescheid zu geben, dass meine Suppe da wäre. Die habe ich mir in Rekordgeschwindigkeit rein gezimmert und bin dann weiter rund um die Klinik gerannt. Dann MIT Mann. Und der stoppte in der Zeit schon mal die Wehen. Mittlerweile alle drei Minuten. HA!

Viertel nach vier waren wir zurück und durften direkt in den Kreißsaal. Ich bekam ein mobiles CTG und bat meinen Mann darum, das Radio anzuschmeißen. Auf Musik kann ich einfach besser Kinder kriegen. War bei Paulinchen auch schon eine große Hilfe. Hüften kreisen ohne Mucke kann ich einfach nicht. Sorry. Wir quatschten und ich kreiste bei den Wehen. Die haben dann allerdings von jetzt auf gleich die Intensität verschärft. Wenn eine kam, schossen mir schon die Tränen in die Augen. Als sie uns zum Spazieren schickte, meinte Magdalena, dass das Baby bitte innerhalb der nächsten vier Stunden da sein müsste. Sonst würde es knapp werden in Sachen Kreißsaal-Kapazitäten. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass wir uns ziemlich wahrscheinlich an ihren Zeitplan halten würden.

Weil ich das Gefühl hatte, dass ich unfassbar dringend pinkeln muss, ging ich ständig aufs Klo. Und irgendwann kam ich da nicht mehr runter vor lauter Druck und Wehen. Ach Scheiße! Das Gefühl kenn ich noch. Mit runter gelassener Hose flitze ich an den erstaunten Hebammen vorbei zurück in den Kreißsaal. Zum Ausziehen hat es nicht mehr gereicht. Magdalena schob in Windeseile eine Yogamatte vors Kreißbett. Die kam in letzter Sekunde. Auf der Matte knieend hing ich mit dem Oberkörper überm Bett und dann ging es auch los. Dieser unfassbare Schmerz, dieses Reißen, Drücken und Gefühl von Platzen… Um es kurz zu machen (war auch echt kurz): Ich habe ihn in fünf Presswehen innerhalb von wenigen Minuten raus gebrüllt. Die Frau im benachbarten Kreißsaal tat mir direkt leid. Die hatte bis dahin vertönt, war aber eine ganze Weile nach meiner… ähm… Lautäußerung, still. Ich hatte ihr bestimmt Angst gemacht. Kann ich verstehen. Ich hab mir selbst auch Angst gemacht. Viertel vor sechs war er da. Nach 18 Stunden Wehen endlich da – unser Alexander. Unser erster Sohn. Mit 51 Zentimetern und 3205 Gramm. Und entgegen unseren Erwartungen schon wieder kein asiatisches Kind, sondern helle Haut, blaue Augen, braunes Haar und unfassbar süß.

Das erste Kind übrigens, dass in der intakten Fruchtblase geboren wurde. Die wurde nach der Geburt aufgemacht und die Hebammen haben sich gefreut. Alex wusste übrigens direkt wie der Hase läuft. Der hat fünf Minuten nach seiner Ankunft schon halb seine Händchen aufgegessen und absolut profimäßig angedockt. Dazu muss ich echt sagen: Autsch. Nachwehen sind miese kleine Arschlöcher. Und sie werden mit zunehmender Kinderzahl tatsächlich schlimmer. Aber zu diesen und weiteren Nachwehen komme ich beim nächsten Mal – Ich bin immer noch ziemlich durch den Wind.

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